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Natur & Landschaft im Fichtelgebirge

Zwei Naturräume prägen die Landschaft

Das Fichtelgebirge lässt sich hauptsächlich in zwei landschaftlich sehr unterschiedliche Naturräume unterteilen: Das Hohe Fichtelgebirge, mit seinen höchsten Erhebungen Schneeberg (1053 m) und Ochsenkopf (1024 m), umschließt als offener Gebirgswall aus Granit die Landschaft der Selb-Wunsiedler-Hochfläche, die auch unter dem Namen Sechsämterland bekannt ist. Dabei bildet der gesamte Gebirgszug die Form eines nach Nordosten geöffneten Hufeisens.

Über die gesamte Gebirgskette des Hohen Fichtelgebirges erstreckt sich ein fast komplett zusammenhängendes Waldgebiet, das vom Kornberg im Nordosten über das Schneeberg- und Ochsenkopfmassiv bis zur Kösseine im Südwesten reicht. Die kargen Bodenverhältnisse und vor allem das kühlfeuchte Klima waren für die Landwirtschaft ungeeignet. Deshalb war es schwierig in den Berglagen Siedlungen anzulegen. Die Ortschaften im Hohen Fichtelgebirge wie Bischofsgrün, Fichtelberg oder Warmensteinach wurden wegen des Bergbaus gegründet. Wie Inseln in einem Meer aus Bäumen liegen sie als Rodungsinseln in den großen Wäldern.

Geradezu als umgekehrtes Spiegelbild dazu präsentiert sich die Landschaft im Inneren Fichtelgebirge. Seit etwa 1000 nach Christus begann eine stärkere Besiedelung. Viele der heute noch bestehenden Dörfer und Städte im sogenannten Sechsämterland wurden gegründet. Der Wald wurde zum größten Teil gerodet und an seiner Stelle wurden Wiesen und Felder angelegt. Nur wo die Böden für die Landwirtschaft zu schlecht waren, auf den größeren Erhebungen oder im Bereich der Moore, blieben Wälder bestehen, die allerdings ebenfalls stark genutzt wurden. So sind es im Inneren Fichtelgebirge diese Wälder, die wie Inseln in der Kulturlandschaft zwischen den Dörfern und Städten verteilt liegen.

Zwei Klimazonen bringen Vielfalt

Diese Form bewirkt auch große klimatische Unterschiede innerhalb des Fichtelgebirges. Der westliche Teil, insbesondere die Berge, sind atlantisch geprägt. Hohe Niederschläge (bis über 1200 mm) und aufgrund der Höhenlage teilweise extrem kühle Temperaturen (Schneeberg Jahresmittel 3,7 Grad Celsius) zeichnen diesen Landschaftsraum aus. Ein Ergebnis dieses extremen Klimas sind die zahlreichen Moore im Fichtelgebirge und die natürlichen Berg- und Aufichtenwälder in den Hochlagen.

Die Gebirgskette wirkt aber gleichzeitig wie ein Sperrriegel gegen die Hauptwindrichtung und schirmt so das Innere Fichtelgebirge, wie die Selb-Wunsiedler-Hochfläche auch genannt wird, gegen Wind und Regen aus dem Westen ab. Die Öffnung nach Osten lässt gleichzeitig Einflüsse aus dem kontinentalen Klimabereich zu. Dadurch konnten sich im Fichtelgebirge auf einem relativ kleinen Gebiet sehr unterschiedliche und vielfältige Lebensräume nebeneinander entwickeln.

Wichtiger Knotenpunkt für Lebensraumvernetzung und Biodiversität

Diese vielen unterschiedlichen Lebensräume sind Heimat einer entsprechend großen Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten. Die hohe Artenvielfalt (Biodiversität) wird dadurch noch verstärkt, dass das Fichtelgebirge einen Gebirgsknoten zwischen dem Frankenwald, der Fränkischen Schweiz, dem Oberpfälzer und Bayerischen Wald sowie dem Erzgebirge darstellt. Insbesondere während der Eiszeiten waren die Tier- und Pflanzenarten gezwungen, in eisfreie Gebiete zu wandern. Noch heute finden sich im Fichtelgebirge sogenannte Eiszeitrelikte, Tier- und Pflanzenarten also, die nach der Eiszeit im Fichtelgebirge überdauern konnten, während sie in anderen Gebieten längst verschwunden sind.

So wie damals sind die Mittelgebirge auch heute noch wichtige Rückzugsgebiete sowie Wander- und Ausbreitungsachsen. Die weiten und ruhigen Wälder bieten scheuen Tieren und empfindlichen Pflanzen Schutz vor dem Menschen. Tiere und Pflanzen, die am oder im Wasser leben, sind auf Flüsse und Bäche angewiesen um wandern oder sich ausbreiten zu können. Das Fichtelgebirge als Quellgebiet vieler Fließgewässer hat über die großen Flüsse Main, Eger, Saale und Naab Verbindungsachsen bis zur Nordsee und ins Schwarze Meer. Hinzu kommen die vielen Arten, denen eine reich strukturierte Kulturlandschaft wichtige Lebensräume aus Menschenhand bietet.

Egal also ob auf dem Land oder zu Wasser, das Fichtelgebirge bildet einen Kreuzungspunkt für Wander- und Verbreitungswege und vernetzt Lebensräume aus dem gesamten zentraleuropäischen Gebiet. Dadurch, darauf lassen erste wissenschaftliche Hinweise schließen, könnten Tier- und Pflanzenarten im Fichtelgebirge eine höhere genetische Diversität aufweisen, als in anderen Gebieten. Dies alles könnte ein Grund dafür sein, dass so viele selten Tier- und Pflanzenarten bis heute im Fichtelgebirge überleben konnten, während sie in anderen Naturräumen längst ausgestorben sind.