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20 Jahre Ökologische Neuigkeiten

Der Naturpark Fichtelgebirge e.V. und Landesbund für Vogelschutz e.V. begehen gemeinsam mit anderen Naturschutzverbänden das 20. Jubiläum der durch die Kreisgruppe Wunsiedel des LBV seit 2001organisierten Veranstaltung „Ökologische Neuigkeiten“ in welcher heimische Experten über ihre Neufunde, Einwanderer und Erstentdeckungen im Naturraum Fichtelgebirge berichten.

Wunsiedel. Zwei Jahre mussten etliche Funde von Experten zur Flora und Fauna des Fichtelgebirges durch das Pandemiegeschehen in der Schublade warten. Nun konnten die reichbebilderten Entdeckungen der Knäckente, der Bechsteinfledermaus, Sumpf-Weichwurz und Schlamm-Seggen im angemessenen Rahmen bei den sonst alljährlich vom LBV im Herbst organisierten ökologischen Neuigkeiten präsentiert werden.

Hartwig Brönner, der stellvertretende Landesvorsitzender des LBV’s, war hierfür extra aus Lohr am Main in das Fichtelgebirge angereist. Nachdem er bereits am Nachmittag von kundigen LBVmitgliedern zu verschiedenen, moorigen LBV-Flächen im Zeitelmoos geführt wurde, begrüßte er zusammen mit dem Geschäftsführer des Naturparks, Jörg Hacker und Beate Küspert vom Wunsiedler Vogelschutzbund alle Gäste im gut gefüllten Saal. Jörg Hacker betonte, dass diese besonderen Ökologischen Nachrichten der Vogelschützer Teil der Jubiläumsreihe im Naturpark Fichtelgebirge 2022 sind, denn auch der Naturpark Fichtelgebirge e.V. hätte 2021 seinen 50jährigen Bestand feiern wollen. Wichtig war Hacker auch zu sagen, dass die Impulse aus den vielen Vorträgen der Ökologischen Neuigkeiten seit 2001 vom Naturpark Fichtelgebirge e.V. aufgegriffen worden sind. Dem Gartenschläfer, vor Jahren vorgetragen von Heinz Spath, widmet der Naturpark Fichtelgebirge e.V. seither eine kontinuierliche Artenschutzarbeit, für das einmalige Froschkraut wird das Monitoring und bestandsschützende Arbeiten finanziert, der LBV Bayern e.V. ist Mitglied des Naturparks Fichtelgebirge e.V. und wichtig für das Netzwerk und den lebendigen Austausch unter allen Naturschutzorganisationen.

Einiges hatte sich seit der letztmalig 2019 stattfindenden Traditionsveranstaltung „Ökologische Neuigkeiten“ geändert. Der Initiator und Ehrenvorsitzender, Biologe Walter Hollering konnte der Veranstaltung zum runden Geburtstag nicht mehr beiwohnen und seine Entdeckungen aus der Welt der Seggen und Moose selbst präsentieren. Dies übernahm seine Lebenspartnerin Martina Gorny, teilweise zusammen mit dem weiteren Finder botanischer Raritäten Werner Gebhardt aus Marktleuthen. Sie und die Teilnehmer gedachten vorab dem Verstorbenen mit seinem großen, weit anerkannten Lebenswerk in der Geobotanik sowie weiteren gegangenen, aktiven LBVMitgliedern. Danach präsentierte Martina Gorny mit Werner Gebhardt höchst seltene Pflanzen von nassen Zwischenmooren im Raum Selb und Marktredwitz mit schönem, detailreichen Bildmaterial. Anhand von Verbreitungskarten konnten sie den interessierten Zuschauern einordnen, wie besonders die roten Fundquadrate der verschollen geglaubten oder erstmals nachgewiesenen Kleinpflanzen im Vergleich zu Bayerns und Deutschlands Situation waren. Und mit welcher Akribie und feiner Mikroskoptechnik Walter Hollering den Funden ihre Namen korrekt verpassen und ihre Geschichte erzählen konnte: Blandows Sumpfthujamoos, Lolch-Segge, Hammarbya paludosa, Echtes Skorpionsmoos, Sumpf-Fetthenne, Sparriges Kleingabelzahnmoos …..

Stefan Schürmann berichtete sowohl von einem neuen Winterquartier der europaweit geschützten Bechsteinfledermaus in dem Stollensystem der Grube Werra bei Weißenstadt als auch von der EU-geförderten Sanierung der ersten 11 Keller im System der Kellergasse in Wunsiedel als bedeutsames Winterquartier von Fledermausarten in Nordbayern. Die Vorher-Nachherbilder der aufwendigen Mauersanierung im denkmalgeschützten Geotop haben auch Hartwig Brönner und alle anderen Zuhörer begeistert. Schürmann, der die Projektarbeiten in der Kellergasse Wunsiedel in seiner Funktion als einer der Fachkräfte für Naturschutz leistet, betont, dass sein geduldiger Antrieb zu diesem teuren Großprojekt das jährliche, winterliche Monitoring bei den schlafenden Fledermäusen gewesen war. Der deutliche Rückgang der gefundenen Tiere konnte nur durch Einsturzgefährdungen im Kellerinneren erklärt werden und so begannen die Wiederherstellung von Kellergewölben mit Ziegeln, Zement und Baustahlmatten, neue, stabile Türen und wiederaufgebauten Flügelmauern im Eingangsbereich durch Spezialisten. Nach Finanzierungslösungen sollen im kommenden Jahr weitere Felsenkeller folgen, hier sind auch Wunsiedels interessierte Bürger gefragt.

Der ehemaliger BN-Geschäftsführer und erfahrene Teichbau-Projektleiter Karl Paulus informierte von seiner Schaffung und Förderung von Feuchtlebensräumen u.a. am Breiten Teich und am Krebsteich durch den Bund Naturschutz in Bayern und ermutigte, mit aussagkräftigen Bildern für den Artenschutz kräftige Kettenbagger-technik im Kampf gegen die Verwaldung einzusetzen. Erfahrene Fahrzeugführer bewegen den Bagger auf Matratzen im moorige Teichgrund, Grauweiden werden komplett herausgerissen, neuer Platz mit Tümpeln und Wasserlöchern entsteht für die hochgefährdeten, ehemals vorkommenden Bekassinen und Braunkehlchen. Auch Paulus betonte den Wert von Hollerings gutachterlichen Arbeiten: seine durch den Naturpark Fichtelgebirge e.V. geförderte Dokumentation der Tiere- und Pflanzenarten am Breiten Teich nahe der Grenze zu Tschechien gab den Takt an, wie der 17 ha große Moorteich mit Verlandungszonen und seinen blauen Moorfröschen weiterentwickelt werden sollte.

Klaus Schmidt zeigte Filmaufnahmen der Vogelgesellschaften im Fichtelgebirge und im angrenzenden Tschechien. Ihm gelang der filmische Nachweis von seltenen Krick- und Knäckenten in den Ziegelhüttenweihern, die dort in den gerade frei gebaggerten Verlandungen an Teichen des BN und des LBV tagelang rasteten. Nahbilder filmte er von den aggressiv auftretenden, zuwandernden Nil- und Kanadagänsen, ein nächtlicher Erstnachweis der Zwergschnepfe gelang Schmidt aus dem Auto heraus. Wichtige war ihm auch der Vergleich der Landbewirtschaftung in Bayern und im nahen Tschechien. Die Gelassenheit im Nachbarland z.B. gegenüber vorübergehenden Vernässungen und weil es in der Flur nicht so „sauber“ aussehen muss, gibt, lt. Schmidt, mehr Lebensraum für unsere Vogel- und Tierwelt, ohne bürokratische Vorgaben.

Die Gebietsbetreuerin des Naturparks, Stefanie Jessolat, präsentierte die Entwicklung der im Fichtelgebirge noch gut vertretenden Gartenschläfer als örtliche Leitart, hier dokumentierte sie die vergleichenden Statistiken der Belegzahl von Gartenschläfern in montierten Spezialhöhlen, meist in den Gipfellagen unserer Region. Die Nichtannahme und „Fremdbelegung“ durch Mäuse, Brutvögel oder Hornissen lassen die Zahlen der Gartenschläfer rätselhaft auch im Fichtelgebirge sinken, dennoch sind wir ein Hotspot für die seltene Bilchart im östlichen Grenzraum unseres Freistaates. Unsere langjährige Untersuchungsarbeit fließt ein in ein bundesweites Artenschutzprojekt für den Gartenschläfer.

Doch es durfte auch gefeiert werden und so wurden für 40 Jahre LBV-Mitgliedschaft Gudrun Seiler, welche Vogelstimmen-Führungen in Wunsiedel ins Leben rief, sowie Karl Paulus für seine Leistung um die Vogelwelt im Fichtelgebirge geehrt. Des Weiteren erhielt Dieter Kammerer, mit seinem steten Augenmerk auf die Teichflächen in der Ziegelhütte bei Marktredwitz, ebenso in launigen Worten von Gudrun Frohmader-Heubeck seine verdiente Ehrung für zehn Jahre aktive Mitgliedschaft in der LBV-Kreisgruppe.

Ein langer, informativer Abend, den der Stellv. LBV-Landesvorsitzender Hartwig Brönner und alle weiteren Zuhörer von den Referenten geboten bekam, die wichtigste Botschaft dürfte niemand überhört haben: ob Naturpark, LBV Bayern e.V., Bund Naturschutz in Bayern e.V., die Jagd, der Fichtelgebirgsverein oder die Fachkräfte der Naturschutzbehörde – wir setzen uns alle gemeinsam, geduldig und erfolgreich für den Naturschutz und die besondere Artenvielfalt in unserer Heimat ein.

Bei der Ehrung (v.l.n.r.): Vorstandsmitglied der LBV-Kreisgruppe Beate Küspert, die Geehrten Karl Paulus, Dieter Kammerer und Gudrun Seiler, Vorstandmitglied der LBV-Kreisgruppe Gudrun Frohmader-Heubeck, 2. Vorsitzender des LBVs Hartwig Brönner und Geschäftsführer des Naturparks Fichtelgebirge Jörg Hacker Quelle: Naturpark Fichtelgebirge